Liebe Kunden,
… Oder: Definiere Nachhaltigkeit – was soll das sein oder was müsste das sein? Begrifflich gefällt mir das Wort »enkeltauglich« viel besser, da es schon den Blick auf die Zukunft im Wort hat.
Aktuell wird gefühlt jede Tankstelle automatisch nachhaltig, weil zwei PV-Module aufs Dach geschraubt werden. Sie bleibt trotzdem ein Ort blanken, fossilen Kraftstoffs. Jedes Unternehmen, dass marketing-technisch etwas auf sich hält oder aufgrund der Unternehmensgröße und irgendeiner Vorschrift dazu verpflichtet wird, erstellt einen Nachhaltigkeitsbericht.
Machen uns diese zusätzlich erstellten Dokumente in Altpapieroptik mit groben Zahlen in grüner Prosa schon nachhaltig?
Meist ist der Akt an sich noch nicht mal das Papier wert auf dem er steht. Der Irrsinn wird perfekt, wenn noch irgendwas zum nachhaltigen Ausgleich fehlt, denn dann wird ein Zertifikat gekauft, was ein paar gepflanzte Bäume irgendwo weit weg bestätigen soll. Eine wahnwitzige Industrie, die von der
Seriösität eher im Bereich Drogenhandel angesiedelt ist.
Sobald man sich allerdings ehrlich mit Nachhaltigkeit beschäftigt, berührt es sofort alle Lebensbereiche und ganz zuerst die Ernährung.
Gleich danach folgt die Landwirtschaft. Gemeinsam lassen sich Ernährung und deren Erzeugung ganz seriös bilanzieren. Bei der Bilanzierung geht es ganz grob immer um die Formel, wie hoch der Ressourceneinsatz zum Output ist. Je mehr Menschen mit den Erzeugnissen ernährt werden, desto besser.
Schon sind wir beim Ernährungssystem, das uns auch in hundert Jahren satt machen soll.
Seitantofu, bei dem 90 % der Erzeugnisse – die Tofumolke – bestenfalls im Viehfutter landet, kommt aufgrund des Herstellungsprozesses ganz schlecht weg und selbst wenn dieser Output durch den Kuhmagen geht, haben wir dort nur max 35% Ausbeute eines Rohstoffs (Weizen) den man auch zu 100 % direkt essen könnte. Das betrifft allerdings nur den ökologischen Anbau. Die Bilanz des konventionellen Weizens ist aufgrund des Stickstoffeinsatzes deutlich schlechter.
Nimmt man die weltweit absolute hauptlandwirtschaftliche Nutzfläche von 70% Grünland und versucht die Menschheit zu ernähren, kommt man sofort zur globalen Bedeutung der Wiederkäuer. Deren ökologische Tierhaltung, die grasbasiert ist und mit nicht für den menschlichen Verzehr geeigneten Komponenten wie Mühlenabgänge (Kleie), Bohnenschalen, Schälabfall von Kartoffeln oder Apfeltrester ergänzt wird, ist unter Nachhaltigkeitsbedingungen weit vor allem was gerade hipp und vegan ist.
Dies alles in ein wirklich nachhaltiges System zu bekommen, ist dem ökologischen Landbau mit seiner flächenbezogenen Tierhaltung sehr nah.
Sicher, irgendwo und irgendwie ist auch diese immer noch optimierbar. Ich hoffe etwas zu einem konkreten Gedankenaustausch und einer realistischen Betrachtung beizutragen, denn hinter jedem Tofu lauert mindestens ein halbes Schnitzel oder Steak – je nachdem wohin die Tofumolke geht. Würde man diese Molke entsorgen ist über 50% des Nahrungspotential weggeschmissen und damit null nachhaltig.
Auch unsere Enkel sollen noch gut essen können.
Das ist unsere Verantwortung und unser Anspruch. Das lässt sich alles ganz neutral bilanzieren und vollkommen ideologiefrei betrachten. In dem Sinne: guten, nachhaltigen Hunger und Appetit.
Ihr Bernhard Probst